Reading Lolita in Tehran
Eran Riklis, Israël, Italie, 2024o
Azar Nafisi, professeure à l’Université de Téhéran, réunit secrètement sept de ses étudiantes pour lire des classiques de la littérature occidentale interdits par le régime. Lors de leurs réunions, ces femmes retirent leur voile et discutent de leurs espoirs, de leurs amours et de leur place dans une société de plus en plus oppressive.
Manchmal möchte man auch einen mittelmässigen Film nicht missen, und sei es nur, weil er mit der plastischen Unmittelbarkeit des Kinos vor Augen führt, was man im Prinzip seit Jahr und Tag weiss. Es geht um die Unterdrückung der Frauen im Iran, wie sie die exilierte iranische Literaturdozentin Asa Nafisi in ihrem 2003 publizierten Erinnerungsbuch Reading Lolita in Tehran beschrieben hat, das in 32 Sprachen übersetzt wurde. Wie das Buch beginnt der Film nach dem Sturz des Schahs mit der hoffnungsvollen Rückkehr Nafisis und ihres Manns in ihr Heimatland und gelangt schnell zur ernüchternden Einsicht der Heldin, dass sich englischsprachige Literatur in der islamischen Republik nicht mehr an der Uni unterrichten lässt, weil sie nur noch als Ausdruck westlicher Dekadenz gilt und pseudo-studentische Revolutionswächter jede Diskussion darüber abwürgen. Mit sechs Studentinnen zieht die Nafisi deshalb Lektüreseminare zu «Lolita», «The Great Gatsby» & Co. in ihrer Wohnung auf und diskutiert die Klassiker als Hort der geistigen Freiheit. Dass diese Debatten im Vergleich zum Buch rudimentär ausfallen, versteht sich von selbst, allerdings übertreibts der Film mit der Popularisierung: Die Bücher sind reine Stichwortgeber, Nafisis Jüngerinnen deklamieren ähnlich thesenhaft darüber wie ihre bornierten männlichen Gegenspieler und gewinnen dabei wenig Profil. Lebensklug, schauspielerisch souverän (und so hinreissend schön wie eh und je) ist immerhin Golshifteh Farahani als Nafisi, berührend deren filmlanges Ringen mit dem Gedanken an ein erneutes Exil. Am stärksten aber sind die Passagen über die Terrorisierung der Frauen. Letztere folgt konsequent der totalitären Steigerung von der Gängelung über die Einschüchterung bis zu psychischer und physischer Folter, auf dass sich die Schere in den Köpfen festsetze. Der Film deutet diese Dauerherrschaft des Schreckens nur an, doch das reicht vollauf. Man kommt aus dem Kino und möchte schon aus prinzipiellen Gründen sofort die nächste Buchhandlung ansteuern.
Andreas FurlerGalerie photoso





